Triptychon

Musik: https://youtu.be/Mx5q0qlr1CI

Triptychon für Bariton, Chor, Orgel und Elektronik

I Von wârer gehôrsame
II Vom Bruder Heinrich, in Ditmar verbrannt
III Ich bin schwarz / Hohelied

Musik: Peter Heeren
Wortcollage: Nikola Anne Mehlhorn
Originaltexte: Bruder Eckhart, Doctor Luther, Hohelied

 

Prolegomenon
Die Komposition Triptychon für Bariton, gemischten Chor, Orgel und Elektronik ist 2017 als Auftragswerk des Kirchenkreises Dithmarschen zum Lutherjahr entstanden und wurde am 10. Juni 2017 in der Hauptkirche St. Petri in Hamburg im Rahmen der „Nacht der Chöre“ von der Poppenbüttler und Marner Kantorei unter der Leitung von Kirchenmusikdirektor Michael Kriener uraufgeführt. Der Komponist Peter Heeren entwirft in diesem Tonwerk ein dreiteiliges Altarbild aus Klängen; Den Bezug zum Reformationsjahr 2017 generiert die Kombination der ausgewählten Texte: Vorreformatorische, reformatorische und überzeitliche Sätze von Meister Eckhart, Martin Luther sowie Auszüge aus dem Hohelied des Alten Testamentes. Meister Eckhart war, wie später Luther, einer derjenigen Kirchenlehrer, deren Glaubenssätze den damaligen Kirchenoberhäuptern als verdächtig galten. Sein Kernsatz war „Nichts wissen, nichts wollen, nichts haben“. Diese Übungspraxis in Enthaltsamkeit, sagt Peter Heeren, schlage in seiner Musik in paradiesische Zuständen über: kreuzartig zulaufende, tonmalerisch also durchstreichende Tonleitern führen zu einem Tonartwechsel, die das Hinübersteigen in das Jenseits versinnbildlichen soll. Schlussendlich gipfeln diese Skalenläufe in einem orgiastischen Höhepunkt. Ein modernes Element erhält das Triptychon mit Luthers Text Vom Bruder Heinrich, in Ditmar verbrannt (musikalisch akkompagniert durch den Luther-Choral Ein feste Burg ist unser Gott; er erinnert an die barbarische „Adoleszenzphase“ des Christentums, schlägt den Bogen zur aktuellen Krise einer anderen Religion: Dem Islam, dessen extremistischen Ausläufer unser Heute mit brutalem Terror kontaminieren. „Gottes Wille kennt kein Warum“, diese Grabsteininschrift widerspricht unserem Bedürfnis nach gesichertem Wissen. Das Suchen und Tappen der Menschen wird im „mittleren Altarbild“ in nicht enden wollenden, nicht einzuordnenden Tonleitern, die sich in einem engen Rahmen bewegen, dargestellt. Wer kennt nicht das Diktat der Liebe, wer kennt nicht das Gefühl, der Liebe ausgeliefert zu sein? Wer kennt nicht den Wunsch, erlöst zu werden von der Liebe. Im dritten Teil des Triptychons erfährt der Hörer einen Katalog der Liebesgefühle: mal wirkt die Musik brutal, mal selig, mal verführerisch. Der Chor ruft am Schluss freudig aus: „Ich bin schwarz“ (statt „Ich liebe dich“). Und die Orgel äfft die allzu seligen Passagen des Chores nach: ungestraft selig ist hienieden nicht so leicht eine/r. Ein besonderes Merkmal der Heerenschen Kompositionsweise ist ein Sinuston, der hier wie aus einer anderen Welt vom Tonband parallel zu den Chorklängen eingespielt wird. Diese elektronische Klangfarbe streicht - das Skalengewebe durchdringend - einerseits tonmalerisch die menschlichen Gesänge durch, wirkt andererseits paradoxerweise alle Klänge verstärkend.
Nikola Anne Mehlhorn

Komponist oder Verfasser: 

Heeren, Peter

Kategorie: 

Noten - Chormusik

Dateityp: 

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